Gewerkschaftliche und gewerkschaftsnahe Erwerbslosengruppen, darunter viele ver.di-Erwerbslose, haben eine bundesweite Initiative gegen „Hartz-IV-Willkür“ und Schwierigkeiten in den Jobcentern gestartet: Mit der Kampagne „AufRecht bestehen: Kein Sonderrecht im Jobcenter!“ wird im Oktober 2014 mit mehr als 30 Aktionen bundesweit auf Missstände hingewiesen; zugleich soll über die angekündigten Veränderungen im SGB II informiert werden: Die Vorschlagsliste der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Rechtsvereinfachung im SGB II enthalte Pläne, die zu nicht nachvollziehbaren Verschlechterungen für Leistungsberechtigte führen würden, so die Kritik.
Mit verschiedenen Aktionen, wie Protestveranstaltungen und Mahnwachen, soll die Öffentlichkeit informiert werden: Viele Erwerbslose sind mit der Beratung und Betreuung in den Jobcentern unzufrieden, Leistungsbescheide werden als unverständlich bewertet. Der Rechtsdschungel werde für die SGB II-Leistungsbezieher durch viele Gesetzesänderungen immer undurchdringbarer.
Rechtsvereinfachung ist daher ein begründetes Anliegen. Die derzeit im Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorbereitete 9. Änderung des SGB II verfolgt dieses Ziel und wird von der Politik u.a. mit Verweis auf die vielen Klagen bei den Sozialgerichten begründet. Tatsächlich wird die Schwäche des Hartz-Systems deutlich, wenn rund 44 Prozent der Klagen aufgrund rechtswidriger Bescheide der Jobcenter zugunsten der Leistungsempfänger entschieden werden. Die Kritik der Kampagne richtet sich jetzt auf die „Rechtsvereinfachungs-Vorschläge“, hinter denen sich faktisch Verschärfungen verbergen.
Das Hartz-System wirkt auf beide Seiten des Schreibtisches. Die Betroffenen, Leistungsempfänger ebenso wie Beschäftigte in den Jobcentern, sehen oft die gleichen Probleme. Gemeinsam mit ver.di fordert die Kampagne die individuelle Beratung von Leistungs-empfängern zu verbessern – dazu ist mehr Personal erforderlich, mit besseren Qualifizierungsmöglichkeiten und Einarbeitungszeiten.
Mehr finanzelle Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik erforderlich
Zur guten finanziellen Ausstattung der Jobcenter gehören insbesondere mehr Mittel und Möglichkeiten für aktive Arbeitsmarktpolitik. Ob die Bundesregierung die nötigen finanziellen Mittel zur besseren Ausstattung und Beratung in den Jobcentern zur Verfügung stellen wird, ist allerdings fraglich, denn in der Haushaltsplanung für 2015 ist keine Erhöhung vorgesehen.
Mit der Kampangne „AufRecht bestehen“ wird der „Sonderrechtsstatus“ der Jobcenter kritisiert. Immer wieder werden Fehler bei der Anspruchsberechnung zulasten der Leistungsempfänger nicht umfassend und vollständig korrigiert, so die Erfahrung der Erwerbsloseninitiativen. Wurde von den Behörden dagegen im Einzelfall fälschlich zu viel Geld gewährt, wird dies mit zukünftigen Zahlungen unverzüglich verrechnet – Betroffene müssen oftmals wochenlang unerwartet mit niedrigeren Leistungen unterhalb des Existenzminimums auskommen.
Mit der Kritik am „Sonderrechtsstatus“ verbindet sich zugleich die Kritik am Fehlen von Selbstverwaltungsstrukturen in den Jobcentern, wie sie im Bereich des SGB III für Transparenz, Rechenschaftspflicht und sozialpartnerschaftliche Mitverantwortung sorgen.
Charta der Selbstverständlichkeiten
Die Kampagne “AufRecht bestehen” wirbt in diesen Wochen besonders intensiv mit der “Charta der Selbstverständlichkeiten”, mit der die Erwerbsloseninitiativen ihr Bild guter Betreuung im Jobcenter zeichnen:
"Selbstverständlich für jedes Jobcenter:
Weitere Informationen zur Kampagne finden sich auf der Internetseite www.aufrecht-bestehen.de
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