Erwerbslose

Kein Sonderrecht im Jobcenter

AufRecht bestehen
08.10.2014

Gewerkschaftliche und gewerkschaftsnahe Erwerbslosengruppen, darunter viele ver.di-Erwerbslose, haben eine bundesweite Initiative gegen „Hartz-IV-Willkür“ und Schwierigkeiten in den Jobcentern gestartet. Bei mehr als 30 Aktionen bundesweit wollen sie auf Missstände hinweisen und zugleich über die angekündigten Veränderungen im Sozialgesetzbuch (SGB) II Informieren. Die Aktionen stehen unter dem Motto „AufRecht bestehen: Kein Sonderrecht im Jobcenter!“.

Viele Erwerbslose sind mit der Beratung und Betreuung in den Jobcentern unzufrieden, Leistungsbescheide bewerten sie als unverständlich. Der Rechtsdschungel werde für die SGB II-Leistungsbezieher/innen durch viele Gesetzesänderungen immer undurchdringbarer, heißt es in der Ausgabe 187 von „Sopo aktuell“, einem Informationsdienst von ver.di. Rund 44 Prozent der Klagen aufgrund rechtswidriger Bescheide der Jobcenter werden aktuell zugunsten der Leistungsempfänger/innen entschieden.

Eine Rechtsvereinfachung ist daher ein begründetes Anliegen. Die Kritik der Kampagne richtet sich jedoch gegen die „Rechtsvereinfachungs-Vorschläge“ einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Hinter denen verbergen sich, so die an der Kampagne Beteiligten, faktisch Verschärfungen.

Fehler korrigieren

Auch der „Sonderrechtsstatus“ der Jobcenter steht in der Kritik. Immer wieder werden Fehler bei der Anspruchsberechnung zulasten der Leistungsempfänger nicht umfassend und vollständig korrigiert, so die Erfahrung der Erwerbsloseninitiativen. Wurde von den Behörden dagegen im Einzelfall fälschlich zu viel Geld gewährt, wird dies mit den nächsten Zahlungen unverzüglich verrechnet und abgezogen – Betroffene müssen dadurch oftmals wochenlang unerwartet mit niedrigeren Leistungen unterhalb des Existenzminimums auskommen.

Mit der Kritik am „Sonderrechtsstatus“ verbindet sich zugleich die Kritik am Fehlen von Selbstverwaltungsstrukturen in den Jobcentern, die im Bereich des SGB III für Transparenz, Rechenschaftspflicht und sozialpartnerschaftliche Mitverantwortung sorgen.

Die Initiativen machen sich zudem dafür stark, die individuelle Beratung von Leistungsempfänger/innen zu verbessern. Dazu sei mehr Personal erforderlich, mit besseren Qualifizierungsmöglichkeiten und Einarbeitungszeiten. Aber auch die finanzielle Ausstattung der Jobcenter brauche mehr Mittel und Möglichkeiten für eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Allerdings sehe die Haushaltsplanung der Bundesregierung für 2015 hier keine Erhöhung vor.

Charta der Selbstverständlichkeiten

Die Kampagne “AufRecht bestehen” wirbt in diesen Wochen besonders intensiv mit der “Charta der Selbstverständlichkeiten”, mit der die Erwerbsloseninitiativen ihr Bild guter Betreuung im Jobcenter zeichnen. Für sie zählen folgende Punkte dazu:

Selbstverständlich für jedes Jobcenter:

  • ein Klima des Willkommens, ein freundlicher Umgangston und Hilfsbereitschaft nach dem Motto: Hartz IV und Sozialhilfe: Ihr gutes Recht!
  • gute Beratung und schnelle Hilfe durch gut qualifizierte MitarbeiterInnen in ausreichender Zahl
  • umfassende Information über zustehende Leistungen (z. B. Warmwasserkosten) und vollständige Ermittlung des Hilfebedarfs
  • Persönliche Vorsprachen ohne langes Warten und schnelle und umfassende Hilfen in dringenden Fällen
  • Eingangsbestätigungen für eingereichte Anträge und Unterlagen bekommt Mensch ganz automatisch
  • Termine nach Absprache und nicht von oben angeordnet
  • Beistände, die überall willkommen sind
  • Angebote zu hochwertigen beruflichen Hilfen, die eine Perspektive bieten und freiwillig sind
  • Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, werden ohne Wenn und Aber und ohne Abstriche gewährt
  • Hilfen zur Überwindung von Sprachbarrieren (einschließlich der Kostenübernahme für Dolmetscher).

www.aufrecht-bestehen.de

 

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